Peter Damerow.
Grabrede

Peter Damerow (1939–2011)

Liebe Ingrid, liebe Julia, liebe Sophie, Ihr habt mich gebeten, hier an dieser Stelle stellvertretend für uns alle von Peter Abschied zu nehmen.

Lieber Peter, wie schön wäre es, wir säßen jetzt wie so manches Mal in einer Kneipe beim Bier. Du aber bist schon gegangen.

Doch nicht einfach so. Du hast mir Lebewohl gesagt. Das war am 17. November, am Donnerstag, nachmittags. Ich war unterwegs, als Du mich anriefst, um Dich von mir zu verabschieden. Das Sprechen bereitete Dir große Mühe. Jedes Wort wog schwer. 

Ich wollte sofort nach Berlin kommen. Nein, kommen sollte ich nicht. Du wolltest die letzten Worte, für die Du noch Kraft hattest, aufsparen, um deine Arbeit Jürgen Renn übergeben zu können.

Alles Gute hast Du mir noch gewünscht.

So warst Du. 

Jürgen Renn hat schon alles klar gesagt. Du hast Biographien geprägt. Auch meine.

Du hast mich gefordert auf die Weise, wie es Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht »Archaischer Torso Apollos« sagt: »Denn da ist keine Stelle, die Dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.« 

Beim archaischen Torso im Louvre ist es die Konzentration, die Kompromisslosigkeit der Form, der menschliche Körper in größter Spannung und Aufmerksamkeit, alles Nebensächliche ist weggelassen. »Denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.«

So warst Du. 

Gewitzt im Spiel. Offen für Köstlichkeiten. Noch in der Schwäche stark und kämpferisch, aufmerksam und hilfsbereit, radikal und visionär in allen Sachen. Und doch war alles immer so leicht, so gelassen, so selbstverständlich – wahre Größe, die Anstrengung sah man nicht.

Und ich versichere Dir: so wie ich zum archaischen Torso in den Louvre gehe, um zu prüfen, ob ich ihm noch standhalten kann, so werde ich Dich aufsuchen, in meinen Erinnerungen, in Deinen Büchern und in Deinen Aufsätzen. 

So wirst Du da sein, wenn wir Deinen Rat oder Deine Nähe brauchen. 

So wirst Du, lieber Peter, in uns allen weiter leben.

Diethelm Stroller