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IWBS Tagung: Hoffnung mit Benjamin neu denken (Deadline: 15. Juni)

Es gebe keinen Moment, so notiert Walter Benjamin, der nicht auch ein revolutionärer sein könne – verstanden als „Chance einer ganz neuen Lösung im Angesicht einer ganz neuen Aufgabe“. Revolution ist hier nicht nur Unterbrechung der Kontinuität zum Vergangenen, sondern auch Eröffnung einer Möglichkeit der Zukunft. Und sie ist nicht nur radikal, weil die Aufgabe neu ist, sondern auch permanent, überall, gleichsam miniaturisiert, da eben nicht nur die großen Durchbrüche, sondern jede Lösung und jeder Augenblick revolutionär sein können.

Diese Notiz verändert unser Bild von Benjamin: Neben den saturnischen Kritiker und den skeptischen Grübler tritt ein Praktiker, der nach neuen Wegen und nach Möglichkeiten des Eingreifens sucht und dessen Radikalität weniger in der apokalyptischen Zukunft als im genauen Blick auf das Hier und Jetzt liegt. Seine Hoffnung ist keine Vertröstung auf Kommendes, sondern diejenige kritische Energie, der das Neue Aufgabe ist.

Mit und an Benjamin lässt sich gerade heute – angesichts von Entwicklungen, die noch vor einigen Jahren für unmöglich gehalten wurden – nach Hoffnung fragen: Was, wo und bei wem liegt sie, wie kann man sie denken und was kann sie leisten? Und weiter: Wie lässt sich das Neue denken, wenn es nicht in das Schema eines ‚weiter‘ Fortschreitens von aktuellen Entwicklungen oder als monumentale Um- und Abkehr gefasst werden kann? Was sind die politischen, epistemologischen oder moralischen Implikationen von Momenten einer Krise, die nicht immer schon Teil der großen Narrative von Fortschritt und Umkehr sind? Wie kann der „Impuls der Rettung“ neue Wege des Denkens oder Handelns eröffnen? Welche Zeitverhältnisse und Zeitformen sind hier impliziert, was bedeutet Hoffnung für Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart? Denn für Benjamin betrifft das „Neue“ der neuen Aufgabe und Lösung keineswegs nur die Gegenwart, die Zukunft oder die Utopie, sondern manifestiert sich auch in der „Schlüsselgewalt“ des revolutionären Augenblicks über ein „bestimmtes, bis dahin verschlossenes Gemach der Vergangenheit“.  In der historischen Arbeit, ja, auch in der Arbeit an Benjamin kommt es darauf an, „im Vergangenen den Funken der Hoffnung anzufachen“. Wie kann man dementsprechend Benjamin selbst neu lesen?  Wenn die Hoffnung in jener Notiz darin besteht, den Moment für die Möglichkeit zu öffnen, dann sollten wir sie nicht aufgeben.

Abstracts (ca. 250 Wörter) für Vorträge (zwanzig Minuten) bitte mit Angabe möglicher Sektionszuordnung bis 15 Juni 2021 an iwbs.2021@gmail.com. Bis Ende Juni werden wir verbindlich zu- oder absagen. Wir gehen aktuell davon aus, dass die Tagung als Präsenzveranstaltung stattfinden kann. Sollte es Teilnahme- oder Reisebeschränkungen geben, werden wir eine hybride oder online-Alternative anbieten. Informationen dazu folgen.

Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an: Maria Teresa Costa.

 

Die Tagung der International Walter Benjamin Society am 4–6 November 2021, wird organisiert von Maria Teresa Costa (MPIWG), Pola Groß (ZfL, Berlin), Ursula Marx (Walter Benjamin Archiv, AdK) und Daniel Weidner (Universität Halle). Keynotes werden von Andrew Benjamin (University of Technology, Sydney), Eva Geulen (ZfL, Berlin) gegeben. Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier

Die Tagung wird organisiert vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Kooperation mit der Akademie der Künste, und dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung.