Annemarie Tröger, 1939 geboren, gehörte in den 1970er Jahren zu den Begründerinnen der Frauenforschung im deutschsprachigen Raum. Ihre Seminare, Vorträge, Publikationen waren für viele ihrer Kolleginnen und Studentinnen wegweisend. Ihr Denken, die Wahl ihrer Sujets, die Forschungsmethoden, die sie aufgriff und vorantrieb, die internationalen wissenschaftlichen und politischen Netzwerke, die sie mit aufbaute und in denen sie agierte, waren von der eigenen historischen Erfahrung und zugleich von ihren politischen Zielen geprägt.
Mit den in diesem Buch versammelten Texten wollen wir nicht nur an die engagierte linke und feministische Intellektuelle Annemarie Tröger erinnern. Wir wollen anhand der ausgewählten und hier teils erstmals, teils wieder publizierten Texte einer der frühen Protagonistinnen nachvollziehbar machen, wie Frauenforschung, lange bevor von Geschlechterforschung oder gender studies die Rede war, aus den politischen Kämpfen und transnationalen Diskussionen der 1960er, 1970er und 1980er Jahre hervorgegangen ist. Wir verstehen diese Schriften nicht als Basistexte oder frühe Meilensteine einer neuen Wissenschaftsdisziplin, sondern als historische Dokumente eines Forschungsanliegens oder auch einer Denkweise, die sich als politisch und wissenschaftlich umstürzend, also revolutionär verstand und disziplinäre Grenzen in den Wissenschaften selbstbewusst ignorierte.